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== Baugeschichte ==
== Baugeschichte ==
[[Datei:Stthomastower sketches.jpg|mini|St Thomas’s Tower 1871 von der Flussseite.]]
[[Datei:Stthomastower sketches.jpg|mini|St Thomas’s Tower 1871 von der Flussseite.]]
[[Datei:The Traitors Gate.jpg|mini|Traitors Gate um 1910]]
[[Datei:The Traitors Gate.jpg|mini|Traitors Gate um 1910]]
Edward I. ließ den gesamten Tower of London in seiner Regierungszeit verstärken. Dazu gehörte auch die Errichtung eines neuen Festungsringes, der sich außerhalb der bisherigen Festung befand. Das bisherige Tor zur Themse, der [[Bloody Tower]] war somit in dieser Funktion obsolet geworden. Edward ließ einen neuen Turm errichten, der in die Themse hineinreichte und mittels eines Beckens per Boot erreicht werden konnte.<ref name=”thu47″>Simon Thurley: The Royal Lodgings at the Tower of London 1240-1320. In: Architectural History. Vol. 38, 1995, S. 47</ref>
Edward I. ließ den gesamten Tower of London in seiner Regierungszeit verstärken. Dazu gehörte auch die Errichtung eines neuen Festungsringes, der sich außerhalb der bisherigen Festung befand. Das bisherige Tor zur Themse, der [[Bloody Tower]] war somit in dieser Funktion obsolet geworden. Edward ließ einen neuen Turm errichten, der in die Themse hineinreichte und mittels eines Beckens per Boot erreicht werden konnte.<ref name=”thu47″>Simon Thurley: The Royal Lodgings at the Tower of London 1240–1320. In: Architectural History. Vol. 38, 1995, S. 47</ref>
Der Bau begann 1275, bereits im Januar 1276 begann Edward auf die Fertigstellung zu drängen und stellte zusätzliche Mittel zur Fertigstellung bereit.<ref name=”thu47″/> Im Jahr 1279 war der Bau beendet. Die Form des niedrigen mit Türmchen geschützten Baus, der nach vorne aus der Mauer herausragt ist, hat keine Entsprechung in England und ist in seiner Art ein Solitär.<ref name=”par38″>Parnell S. 38</ref> Möglicherweise ist seine Form der Form des 50 Jahre älteren [[Zwinger (Architektur)|Zwingers]] am alten [[Louvre]] in Paris orientiert.<ref name=”pev361″/> Der Zugang zur oberen Kammer erfolgte entweder über einen Eingang aus dem Becken oder durch eine Brücke vom Wakefield Tower aus.<ref name=”thu48″/> Die Turmseite des Beckens war durch eine Wand mit Schießscharten geschützt, eine Treppe führte in das Becken.<ref name=”par39″/>
Der Bau begann 1275, bereits im Januar 1276 begann Edward auf die Fertigstellung zu drängen und stellte zusätzliche Mittel zur Fertigstellung bereit.<ref name=”thu47″/> Im Jahr 1279 war der Bau beendet. Die Form des niedrigen mit Türmchen geschützten Baus, der nach vorne aus der Mauer herausragt ist, hat keine Entsprechung in England und ist in seiner Art ein Solitär.<ref name=”par38″>Parnell S. 38</ref> Möglicherweise ist seine Form der Form des 50 Jahre älteren [[Zwinger (Architektur)|Zwingers]] am alten [[Louvre]] in Paris orientiert.<ref name=”pev361″/> Der Zugang zur oberen Kammer erfolgte entweder über einen Eingang aus dem Becken oder durch eine Brücke vom Wakefield Tower aus.<ref name=”thu48″/> Die Turmseite des Beckens war durch eine Wand mit Schießscharten geschützt, eine Treppe führte in das Becken.<ref name=”par39″/>
Im oberen Stockwerk befanden sich ursprünglich die Wohnräume von Edward I. Sie waren vermutlich durch eine Tür im Nordosten des St Thomas’s Towers direkt durch eine Wendeltreppe mit dem Beckenbereich des Turms verbunden.<ref name=”par39″/> Das obere Stockwerk hatte 34 bewegliche Fenster mit getönten Scheiben, Bänke und “vier große Tische.” Die Fensterläden und Wände waren aufwendig bemalt, Steinstatuen wandten sich dem Fluss zu. Der Boden war mit Steinfliesen belegt.<ref name=”thu48″>Simon Thurley: The Royal Lodgings at the Tower of London 1240-1320. In: Architectural History. Vol. 38, 1995, S. 48</ref> Es ist unbekannt, ob und wie oft der König diese wirklich benutzte.<ref name=”car214″/>
Im oberen Stockwerk befanden sich ursprünglich die Wohnräume von Edward I. Sie waren vermutlich durch eine Tür im Nordosten des St Thomas’s Towers direkt durch eine Wendeltreppe mit dem Beckenbereich des Turms verbunden.<ref name=”par39″/> Das obere Stockwerk hatte 34 bewegliche Fenster mit getönten Scheiben, Bänke und “vier große Tische.” Die Fensterläden und Wände waren aufwendig bemalt, Steinstatuen wandten sich dem Fluss zu. Der Boden war mit Steinfliesen belegt.<ref name=”thu48″>Simon Thurley: The Royal Lodgings at the Tower of London 1240–1320. In: Architectural History. Vol. 38, 1995, S. 48</ref> Es ist unbekannt, ob und wie oft der König diese wirklich benutzte.<ref name=”car214″/>
Bereits im Mittelalter wurde der großzügige Beckenbereich, der ursprünglich nur drei Meter vom Bloody Tower entfernt war, verkleinert. Er rückte zwei Meter nach Süden. Herausgefunden wurde dies durch Ausgrabungen von 1957.<ref name=”par39″>Parnell S. 39</ref>
Bereits im Mittelalter wurde der großzügige Beckenbereich, der ursprünglich nur drei Meter vom Bloody Tower entfernt war, verkleinert. Er rückte zwei Meter nach Süden. Herausgefunden wurde dies durch Ausgrabungen von 1957.<ref name=”par39″>Parnell S. 39</ref>
Umfangreiche Umbauten und Reparaturen erfolgten in der Zeit [[Heinrich VIII. (England)|Heinrichs VIII.]], der den Tower of London vor seiner Hochzeit mit [[Anne Boleyn]] herrichten ließ und eine starke Betonung auf den repräsentativen Charakter des Gebäudes legte. Die Arbeiten am St Thomas’s Tower fielen in die Jahre 1532 und 1533. Mittlerweile marodes Fachwerk aus dem Mittelalter wurde für 120 Pfund von [[James Nedeham]] durch neues ersetzt. Nedeham gestaltete die Ausstattung im oberen Stockwerk neu.<ref name=”par55″>Parnell S. 55</ref> Bei diesen Umbauten verschwanden auch die letzten Spuren der mittelalterlichen Inneneinrichtung. Im Jahr 1532 ließ Heinrich die Holzwände durch James Nedeham entfernen, um Platz für die Beherbergung von [[John de Vere, 15. Earl of Oxford]] und [[William Sandys, 1. Baron Sandys]] zu machen.<ref name=”thu48″/>
Umfangreiche Umbauten und Reparaturen erfolgten in der Zeit [[Heinrich VIII. (England)|Heinrichs VIII.]], der den Tower of London vor seiner Hochzeit mit [[Anne Boleyn]] herrichten ließ und eine starke Betonung auf den repräsentativen Charakter des Gebäudes legte. Die Arbeiten am St Thomas’s Tower fielen in die Jahre 1532 und 1533. Mittlerweile marodes Fachwerk aus dem Mittelalter wurde für 120 Pfund von [[James Nedeham]] durch neues ersetzt. Nedeham gestaltete die Ausstattung im oberen Stockwerk neu.<ref name=”par55″>Parnell S. 55</ref> Bei diesen Umbauten verschwanden auch die letzten Spuren der mittelalterlichen Inneneinrichtung. Im Jahr 1532 ließ Heinrich die Holzwände durch James Nedeham entfernen, um Platz für die Beherbergung von [[John de Vere, 15. Earl of Oxford]] und [[William Sandys, 1. Baron Sandys]] zu machen.<ref name=”thu48″/>
Nedeham baute ein kleines Haus an der westlichen Landseite des Towers, das auf Stelzen im Becken aufgebaut war. Seine Funktion ist nicht mehr nachvollziehbar. Die Stelzen sind unterhalb des Wasserspiegels noch im Becken erhalten.<ref name=”par5&”>Parnell S. 56</ref>
Nedeham baute ein kleines Haus an der westlichen Landseite des Towers, das auf Stelzen im Becken aufgebaut war. Seine Funktion ist nicht mehr nachvollziehbar. Die Stelzen sind unterhalb des Wasserspiegels noch im Becken erhalten.<ref name=”par5&”>Parnell S. 56</ref>
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Im Jahr 1735 ersetzte das [[Board of Ordnance]] die mittelalterlichen Fenster durch zeitgenössische [[Schiebefenster]]. Etwa in diese Zeit fällt auch der Verlust der mittelalterlichen Feuerplätze. Bei den Umbauten im Geist des [[Gothic Revival]] durch [[Anthony Salvin]] wiederum mussten die Schiebefenster steinernen Fensterrahmen weichen.<ref name=”thu48″/>
Im Jahr 1735 ersetzte das [[Board of Ordnance]] die mittelalterlichen Fenster durch zeitgenössische [[Schiebefenster]]. Etwa in diese Zeit fällt auch der Verlust der mittelalterlichen Feuerplätze. Bei den Umbauten im Geist des [[Gothic Revival]] durch [[Anthony Salvin]] wiederum mussten die Schiebefenster steinernen Fensterrahmen weichen.<ref name=”thu48″/>
Die mittelalterliche Brücke, die das Obergeschoss des St Thomas’s Tower mit dem Obergeschoss im Wakefield Tower verband, verschwand im 18. Jahrhundert.<ref name=”par40″>Parnell S. 40</ref>
Die mittelalterliche Brücke, die das Obergeschoss des St Thomas’s Tower mit dem Obergeschoss im Wakefield Tower verband, verschwand im 18. Jahrhundert.<ref name=”par40″>Parnell S. 40</ref>
Das Ostende des Turms stürzte im 19. Jahrhundert aufgrund der Vibrationen durch die Kanonenproduktion ein. Es wurde durch den neogotischen Baumeister [[Anthony Salvin]] zwischen 1862 und 1869 wieder aufgebaut. Von Salvin stammt auch fast die gesamte Fassade des St Thomas’s Towers, die [[Erker]] auf der Landseite und das aufgemauerte Fachwerk.<ref name=”pev362″/>
Das Ostende des Turms stürzte im 19. Jahrhundert aufgrund der Vibrationen durch die Kanonenproduktion ein. Es wurde durch den neogotischen Baumeister [[Anthony Salvin]] zwischen 1862 und 1869 wieder aufgebaut. Von Salvin stammt auch fast die gesamte Fassade des St Thomas’s Towers, die [[Erker]] auf der Landseite und das aufgemauerte Fachwerk.<ref name=”pev362″/>
== Architektur ==
== Architektur ==
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Das Obergeschoss ist zur Themse hin sowie aus der Ost- und Westseite aus Naturstein gemauert. Auf der Innenseite des Obergeschosses ist eine Fachwerkkonstruktion mit Backstein. Die gesamte Fassade stammt aus dem späten 19. Jahrhundert.
Das Obergeschoss ist zur Themse hin sowie aus der Ost- und Westseite aus Naturstein gemauert. Auf der Innenseite des Obergeschosses ist eine Fachwerkkonstruktion mit Backstein. Die gesamte Fassade stammt aus dem späten 19. Jahrhundert.
Ebenfalls war bereits beim Bau eine Unterteilung der oberen Halle durch Holzwände gegeben. Dabei befanden sich die privaten Räume des Königs (”camera”) auf der Westseite des Turms, während die große Empfangshalle (”aula”) sich im Osten befand. Im Westen existieren noch Reste des königlichen Umkleideraums. An der Süd-(Fluss-)seite des St Thomas’s Towers fanden Archäologen Reste von zwei Feuerstellen.<ref name=”par39″/> Diese wurden im Laufe der Jahrhunderte abgerissen. Seit den 1990ern sind die Räume in einer Nachbildung des mittelalterlichen Zustands wieder durch Holz getrennt, wobei unbekannt ist, wo die ursprünglichen Wände waren.<ref name=”thu47″/>
Ebenfalls war bereits beim Bau eine Unterteilung der oberen Halle durch Holzwände gegeben. Dabei befanden sich die privaten Räume des Königs (”camera”) auf der Westseite des Turms, während die große Empfangshalle (”aula”) sich im Osten befand. Im Westen existieren noch Reste des königlichen Umkleideraums. An der Süd-(Fluss-)seite des St Thomas’s Towers fanden Archäologen Reste von zwei Feuerstellen.<ref name=”par39″/> Diese wurden im Laufe der Jahrhunderte abgerissen. Seit den 1990ern sind die Räume in einer Nachbildung des mittelalterlichen Zustands wieder durch Holz getrennt, wobei unbekannt ist, wo die ursprünglichen Wände waren.<ref name=”thu47″/>
== Nutzung ==
== Nutzung ==
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Da [[Liste der Gefangenen im Tower of London|Gefangene im Tower]] seit dem 16. Jahrhundert meist aus Sicherheitsgründen von Westminster über den Fluss zur Festung transportiert wurden, erhielt das Tor über die Jahrhunderte einen Ruf als furchteinflößender Eingang in ein dunkles Gefängnis. Weil im Tower meist ausschließlich Gefangene in Staatsangelegenheiten saßen, war dies das Tor, durch das die Verräter in den Tower gelangten. Es erlangte in den Jahrhunderten seiner Existenz den Namen Traitors’ Gate (”Tor der Verräter”).
Da [[Liste der Gefangenen im Tower of London|Gefangene im Tower]] seit dem 16. Jahrhundert meist aus Sicherheitsgründen von Westminster über den Fluss zur Festung transportiert wurden, erhielt das Tor über die Jahrhunderte einen Ruf als furchteinflößender Eingang in ein dunkles Gefängnis. Weil im Tower meist ausschließlich Gefangene in Staatsangelegenheiten saßen, war dies das Tor, durch das die Verräter in den Tower gelangten. Es erlangte in den Jahrhunderten seiner Existenz den Namen Traitors’ Gate (”Tor der Verräter”).
Das Becken unter dem St Thomas’s Tower diente lange Zeit zur Wasserversorgung des gesamten Towers of London. Seit dem 19. Jahrhundert trockengelegt, ist es seit 1970 wieder mit Wasser gefüllt. Zeitweise nutzten die englischen Könige die Gezeitenkraft im Becken, um dort eine Fabrik zum Ausbohren von Kanonen einzurichten. Die Erschütterungen, die diese Arbeiten auslösten, führten zum Einsturz des östlichen St Thomas’s Towers.<ref name=”pev361″/>
Das Becken unter dem St Thomas’s Tower diente lange Zeit zur Wasserversorgung des gesamten Towers of London. Seit dem 19. Jahrhundert trockengelegt, ist es seit 1970 wieder mit Wasser gefüllt. Zeitweise nutzten die englischen Könige die Gezeitenkraft im Becken, um dort eine Fabrik zum Ausbohren von Kanonen einzurichten. Die Erschütterungen, die diese Arbeiten auslösten, führten zum Einsturz des östlichen St Thomas’s Towers.<ref name=”pev361″/>
Seit 1993 ist der obere Teil des Towers der Öffentlichkeit zugänglich. Während die große Kammer weitgehend im Originalzustand belassen wurde, in der sie sich 1993 befand, wurde der Vorraum zusammen mit dem Wakefield Tower üppig in mittelalterlichem Ambiente wieder hergerichtet.<ref name=”car214″>David Carpenter: ”The reign of Henry III” Continuum International Publishing Group, 1996 ISBN 1852851376, S. 214</ref> Zusammen mit dem Wakefield Tower bildet er einen Teil der Installation „mittelalterlicher Tower“, in der Schauspieler versuchen, einen Eindruck vom mittelalterlichen Leben im Tower zu geben.
Seit 1993 ist der obere Teil des Towers der Öffentlichkeit zugänglich. Während die große Kammer weitgehend im Originalzustand belassen wurde, in der sie sich 1993 befand, wurde der Vorraum zusammen mit dem Wakefield Tower üppig in mittelalterlichem Ambiente wieder hergerichtet.<ref name=”car214″>David Carpenter: ”The reign of Henry III” Continuum International Publishing Group, 1996 ISBN 1852851376, S. 214</ref> Zusammen mit dem Wakefield Tower bildet er einen Teil der Installation „mittelalterlicher Tower“, in der Schauspieler versuchen, einen Eindruck vom mittelalterlichen Leben im Tower zu geben.