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Helen (eigentlich Helene) Ernst war das uneheliche Kind des kaiserlichen Konsulatssekretärs Otto Ernst und dessen Hausangestellten Bernhardine Ebermann. Der Vater adoptierte die Tochter, verstieß aber die Mutter aus Standesgründen. Das Kind wuchs fortan ohne sie auf.
Helen (eigentlich Helene) Ernst war das uneheliche Kind des kaiserlichen Konsulatssekretärs Otto Ernst und dessen Hausangestellten Bernhardine Ebermann. Der Vater adoptierte die Tochter, verstieß aber die Mutter aus Standesgründen. Das Kind wuchs fortan ohne sie auf.
Nach dem Schulbesuch in [[Zürich]], [[Stuttgart]] und [[Berlin]] begann sie 1921 ein Studium an den [[Kunstakademie Berlin|Berliner Kunstakademie]] und schloss es 1924 mit der Prüfung zur Zeichenlehrerin ab. Um 1926 betrieb sie nebenberufliche Studien an der Berliner [[Reimann-Schule]] in den Fächern [[Modezeichnung|Modezeichnen]] und [[Kostümbildner|Kostümentwurf]].<ref>Swantje Kuhfuss-Wickenheiser: ”Die Reimann-Schule in Berlin und London 1902–1943. Ein jüdisches Unternehmen zur Kunst- und Designausbildung internationaler Prägung bis zur Vernichtung durch das Hitlerregime”, Aachen 2009, ISBN 978-3-86858-475-2, S. 128–130, 524 f.</ref> In Berlin war sie als Zeichenlehrerin für Mode, Pressezeichnerin, [[Grafik]]erin sowie Kostüm- und Modeberaterin tätig. 1928 bis 1930 wirkte sie freiberuflich in den Kostümwerkstätten der Reimann-Schule unter [[Erna Schmidt-Caroll]] mit. Durch die [[Weltwirtschaftskrise]] und die Bekanntschaft ihrer verarmten Mutter erwachte Helens politisches Interesse. 1931 wurde sie Mitglied der [[Kommunistische Partei Deutschlands|KPD]] und der [[Assoziation revolutionärer bildender Künstler]]. Sie engagierte sich bei der [[Rote Hilfe Deutschlands|Roten Hilfe]] und zeichnete viel für die Parteizeitung ”[[Die Rote Fahne|Rote Fahne]]” sowie für die ”Illustrierte Rote Post”. Auf einer Reise in die Schweiz und nach Frankreich freundete sie sich mit dem Graphiker-Ehepaar [[Lea Grundig|Lea]] und [[Hans Grundig]] an.
Nach dem Schulbesuch in [[Zürich]], [[Stuttgart]] und [[Berlin]] begann sie 1921 ein Studium an den [[Kunstakademie Berlin|Berliner Kunstakademie]] und schloss es 1924 mit der Prüfung zur Zeichenlehrerin ab. Um 1926 betrieb sie nebenberufliche Studien an der Berliner [[Reimann-Schule]] in den Fächern [[Modezeichnung|Modezeichnen]] und [[Kostümbildner|Kostümentwurf]].<ref>Swantje Kuhfuss-Wickenheiser: ”Die Reimann-Schule in Berlin und London 1902–1943. Ein jüdisches Unternehmen zur Kunst- und Designausbildung internationaler Prägung bis zur Vernichtung durch das Hitlerregime”, Aachen 2009, ISBN 978-3-86858-475-2, S. 128–130, 524 f.</ref> In Berlin war sie als Zeichenlehrerin für Mode, Pressezeichnerin, [[Grafik]]erin sowie Kostüm- und Modeberaterin tätig. 1928 bis 1930 wirkte sie freiberuflich in den Kostümwerkstätten der Reimann-Schule unter [[Erna Schmidt-Caroll]] mit. Durch die [[Weltwirtschaftskrise]] und die Bekanntschaft ihrer verarmten Mutter erwachte Helens politisches Interesse. 1931 wurde sie Mitglied der [[Kommunistische Partei Deutschlands|KPD]] und der [[Assoziation revolutionärer bildender Künstler]]. Sie engagierte sich bei der [[Rote Hilfe Deutschlands|Roten Hilfe]] und zeichnete viel für die Parteizeitung ”[[Die Rote Fahne|Rote Fahne]]” sowie für die ”Illustrierte Rote Post”. Auf einer Reise in die Schweiz und nach Frankreich freundete sie sich mit dem Graphiker-Ehepaar [[Lea Grundig|Lea]] und [[Hans Grundig]] an.
Helen Ernst lebte zeitweise in der [[Ronco sopra Ascona|Ronco bei Ascona]] von [[Fritz Jordi]], [[Carl Meffert]] und [[Heinrich Vogeler]] gegründeten Künstlerkommune [[Fontana Martina]] und war ständige Mitarbeiterin der dort von Oktober 1931 bis November 1932 erschienenen gleichnamigen Zeitschrift.<ref>Vergl. Fontana Martina: vollst. Faks.-Druck der von Fritz Jordi u. Heinrich Vogeler 1931/32 in Ronco s./Ascona hrsg. Halbmonatsschrift. Mit e. Anhang von [[Dietger Pforte]], Anabas-Verlag, Giessen 1976, ISBN 3-87038-037-3.</ref> Für diese Zeitschrift schuf sie zahlreiche [[Linolschnitt]]e.
Helen Ernst lebte zeitweise in der [[Ronco sopra Ascona|Ronco bei Ascona]] von [[Fritz Jordi]], [[Carl Meffert]] und [[Heinrich Vogeler]] gegründeten Künstlerkommune [[Fontana Martina]] und war ständige Mitarbeiterin der dort von Oktober 1931 bis November 1932 erschienenen gleichnamigen Zeitschrift.<ref>Vergl. Fontana Martina: vollst. Faks.-Druck der von Fritz Jordi u. Heinrich Vogeler 1931/32 in Ronco s./Ascona hrsg. Halbmonatsschrift. Mit e. Anhang von [[Dietger Pforte]], Anabas-Verlag, Giessen 1976, ISBN 3-87038-037-3.</ref> Für diese Zeitschrift schuf sie zahlreiche [[Linolschnitt]]e.
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Nach der „[[Machtergreifung]]“ der [[Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]] am 30.&nbsp;Januar 1933 wurde Helen Ernst als Kommunistin verhaftet und im Berliner [[Frauengefängnis Barnimstraße]] in sogenannte [[Schutzhaft (Nationalsozialismus)|Schutzhaft]] genommen. Ihr Besitz samt allen Zeichnungen, die als „[[Entartete Kunst|entartet]]“ galten, wurde entweder beschlagnahmt oder zerstört. Im Juni 1933 wurde sie entlassen, nach der Beteiligung an einer Flugblattaktion denunziert, erneut inhaftiert und wenige Wochen später freigelassen. 1934 [[Emigration|emigrierte]] sie in die [[Niederlande]]Hier arbeitete sie als Zeichenlehrerin und Buchillustratorin, engagierte sich aber weiterhin stark gegen das [[NS-Regime]], unter anderem sogar durch heimliche Reisen nach [[Deutsches Reich 1933 bis 1945|Deutschland]], zu [[Widerstand gegen den Nationalsozialismus|Widerstandskämpfern]] der Gruppe um [[Karl Otto Paetel]]. Zusammen mit Eva Raedt-de Canter schrieb sie 1935 das Buch ”Vrouwengevangenis” über ihre Erlebnisse in deutschen Gefängnissen. Sie wurde Mitglied der Künstlergruppe ”De Onafhankelijken” und beteiligte sich in Amsterdam an einer Protestausstellung gegen die [[Olympische Sommerspiele 1936|Olympischen Spiele 1936]] in Berlin.
Nach der „[[Machtergreifung]]“ der [[Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]] am 30.&nbsp;Januar 1933 wurde Helen Ernst als Kommunistin verhaftet und im Berliner [[Frauengefängnis Barnimstraße]] in sogenannte [[Schutzhaft (Nationalsozialismus)|Schutzhaft]] genommen. Ihr Besitz samt allen Zeichnungen, die als „[[Entartete Kunst|entartet]]“ galten, wurde entweder beschlagnahmt oder zerstört. Im Juni 1933 wurde sie entlassen, nach der Beteiligung an einer Flugblattaktion denunziert, erneut inhaftiert und wenige Wochen später freigelassen. 1934 [[Emigration|emigrierte]] sie in die [[Niederlande]]Hier arbeitete sie als Zeichenlehrerin und Buchillustratorin, engagierte sich aber weiterhin stark gegen das [[NS-Regime]], unter anderem sogar durch heimliche Reisen nach [[Deutsches Reich 1933 bis 1945|Deutschland]], zu [[Widerstand gegen den Nationalsozialismus|Widerstandskämpfern]] der Gruppe um [[Karl Otto Paetel]]. Zusammen mit Eva Raedt-de Canter schrieb sie 1935 das Buch ”Vrouwengevangenis” über ihre Erlebnisse in deutschen Gefängnissen. Sie wurde Mitglied der Künstlergruppe ”De Onafhankelijken” und beteiligte sich in Amsterdam an einer Protestausstellung gegen die [[Olympische Sommerspiele 1936|Olympischen Spiele 1936]] in Berlin.
1938 wurde Helen Ernst [[Staatenlosigkeit|staatenlos]]. Die deutsche Staatsbürgerschaft wurde ihr wegen „Verstoß gegen die Belange des Deutschtums im Ausland“ aberkannt. Mit der [[Westfeldzug|Besetzung der Niederlande]] 1940 wurde sie verhaftet und nach Deutschland [[Deportation|deportiert]]. Sie verbrachte über vier Jahre im [[Konzentrationslager]] [[KZ Ravensbrück|Ravensbrück]] und später im [[KZ Barth|Außenlager Barth]], [[Vorpommern]], ehe sie am 1.Mai 1945 von Truppen der [[Rote Armee|Roten Armee]] befreit wurde. In etlichen unter Lebensgefahr entstandenen Bleistiftzeichnungen hat sie die Jahre im Lager für die Nachwelt festgehalten.
1938 wurde Helen Ernst [[Staatenlosigkeit|staatenlos]]. Die deutsche Staatsbürgerschaft wurde ihr wegen „Verstoß gegen die Belange des Deutschtums im Ausland“ aberkannt. Mit der [[Westfeldzug|Besetzung der Niederlande]] 1940 wurde sie verhaftet und nach Deutschland [[Deportation|deportiert]]. Sie verbrachte über vier Jahre im [[Konzentrationslager]] [[KZ Ravensbrück|Ravensbrück]] und später im [[KZ Barth|Außenlager Barth]], [[Vorpommern]], ehe sie am 1. Mai 1945 von Truppen der [[Rote Armee|Roten Armee]] befreit wurde. In etlichen unter Lebensgefahr entstandenen Bleistiftzeichnungen hat sie die Jahre im Lager für die Nachwelt festgehalten.
Sie ging in die [[Sowjetische Besatzungszone]] nach [[Schwerin]] und arbeitete dort beim Landesausschuss für die [[Opfer des Faschismus]] (OdF), dessen Leiter Paul Beckmann sie 1946 heiratete. Ehemalige Lagermithäftlinge bezichtigten Helen Ernst der Spitzeltätigkeit im Konzentrationslager, worauf ihr der OdF-Status samt Rente aberkannt wurde. Erst zwei Jahre später, kurz vor ihrem Tod, wurde sie von dem Vorwurf freigesprochen.
Sie ging in die [[Sowjetische Besatzungszone]] nach [[Schwerin]] und arbeitete dort beim Landesausschuss für die [[Opfer des Faschismus]] (OdF), dessen Leiter Paul Beckmann sie 1946 heiratete. Ehemalige Lagermithäftlinge bezichtigten Helen Ernst der Spitzeltätigkeit im Konzentrationslager, worauf ihr der OdF-Status samt Rente aberkannt wurde. Erst zwei Jahre später, kurz vor ihrem Tod, wurde sie von dem Vorwurf freigesprochen.
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== Darstellung Helen Ernsts in der bildenden Kunst ==
== Darstellung Helen Ernsts in der bildenden Kunst ==
* Hans Grundig: Bildnis Helen Ernst (Öl auf Leinwand, 101 x 70 cm, 1934/1935; [[Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale)|Staatliche Galerie Moritzburg]], Halle)<ref>{{Internetquelle |url=https://www.bildindex.de/media/obj30125156/mi10337g09&medium=mi10337g09?part=0 |titel=Bildnis Helen Ernst (Graphikerin) {{!}} Hans Grundig {{!}} Bildindex der Kunst & Architektur – Bildindex der Kunst & Architektur – Startseite Bildindex |abruf=2022-01-04}}</ref>
* Hans Grundig: Bildnis Helen Ernst (Öl auf Leinwand, 101 × 70 cm, 1934/1935; [[Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale)|Staatliche Galerie Moritzburg]], Halle)<ref>{{Internetquelle |url=https://www.bildindex.de/media/obj30125156/mi10337g09&medium=mi10337g09?part=0 |titel=Bildnis Helen Ernst (Graphikerin) {{!}} Hans Grundig {{!}} Bildindex der Kunst & Architektur – Bildindex der Kunst & Architektur – Startseite Bildindex |abruf=2022-01-04}}</ref>
== Werke (Auswahl) ==
== Werke (Auswahl) ==
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=== Buchillustrationen (Auswahl) ===
=== Buchillustrationen (Auswahl) ===
* [[Wladimir Galaktionowitsch Korolenko]]: ”In slecht gezelschap.” Wereldbibliotheek, Amsterdam, 1937
* [[Wladimir Galaktionowitsch Korolenko]]: ”In slecht gezelschap.” Wereldbibliotheek, Amsterdam, 1937
* Iwan Gontscharow: [[Oblomow|”Oblomow.”]] Wereldbibliotheek, Amsterdam, 1938
* Iwan Gontscharow: [[Oblomow|”Oblomow.”]] Wereldbibliotheek, Amsterdam, 1938
* [[Tami Oelfken]]: Peter kann zaubern. Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig, 1932?
* [[Tami Oelfken]]: Peter kann zaubern. Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig, 1932?
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== Ausstellungen (Auswahl) ==
== Ausstellungen (Auswahl) ==
* 1934 Berlin, Galerie Gurlitt (u.a. mit [[Hans Orlowski|Hans Orlowski)]]
* 1934 Berlin, Galerie Gurlitt (u.&nbsp;a. mit [[Hans Orlowski|Hans Orlowski)]]
== Literatur ==
== Literatur ==
* ”Ernst, Helen.” In: [[Dietmar Eisold]] (Hrsg.): ”Lexikon Künstler der DDR.” Verlag Neues Leben, Berlin, 2010, S. 192
* ”Ernst, Helen.” In: [[Dietmar Eisold]] (Hrsg.): ”Lexikon Künstler der DDR.” Verlag Neues Leben, Berlin, 2010, S. 192
* Das verborgene Museum e. V. (Hrsg.): ”Helen Ernst. 1904 – 1948; Berlin–Amsterdam–Ravensbrück; Stationen einer antifaschistischen Künstlerin.”; Katalog zur Ausstellung, [[Das Verborgene Museum]], 14. Juli bis 28. August 1994, [[Verzetsmuseum Amsterdam]], 17. September bis 27. November 1994, Traum-und-Raum-Verlag, Berlin, 1994, ISBN 3929346036.
* Das verborgene Museum e. V. (Hrsg.): ”Helen Ernst. 1904 – 1948; Berlin–Amsterdam–Ravensbrück; Stationen einer antifaschistischen Künstlerin.”; Katalog zur Ausstellung, [[Das Verborgene Museum]], 14. Juli bis 28. August 1994, [[Verzetsmuseum Amsterdam]], 17. September bis 27. November 1994, Traum-und-Raum-Verlag, Berlin, 1994, ISBN 3929346036.