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Die ”’Zandsch”’ (auch oft ”Zenj” geschrieben, {{arS|زنج|w=Zanj|d=Zanǧ}}), waren die [[schwarze]]n [[Sklave]]n, die im [[9. Jahrhundert]] im Süden des heutigen [[Irak]] in den Salzsümpfen arbeiteten. Der Name ist abgeleitet von einer geographischen Bezeichnung: Als ”Zandsch” – „Land der Schwarzen“ – bezeichneten [[Arabische Sprache|arabische]] [[Seefahrt|Seefahrer]] bis ins [[19. Jahrhundert]] die Küstenregion [[Ostafrika]]s. ”Zandschi” bedeutet im [[Arabische Sprache|Arabischen]] aber auch schlicht „[[Neger]]“, mit ähnlichen [[Konnotation]]en wie das deutsche Wort. Möglicherweise steht der Begriff in einer Beziehung zum Wort „[[Azania]]“, der bereits bei [[Ptolemäus]] und in der Reisebeschreibung [[Periplus Maris Erythraei]] erwähnt wird.<ref>Tidiane N’Diaye: ”Le génocide voilé. Enquête historique”. Gallimard, Paris 2008, S. 244.</ref>
Die ”’Zandsch”’ (auch oft ”Zenj” geschrieben, {{arS|زنج|w=Zanj|d=Zanǧ}}), waren die [[schwarze]]n [[Sklave]]n, die im [[9. Jahrhundert]] im Süden des heutigen [[Irak]] in den Salzsümpfen arbeiteten. Der Name ist abgeleitet von einer geographischen Bezeichnung: Als ”Zandsch” – „Land der Schwarzen“ – bezeichneten [[Arabische Sprache|arabische]] [[Seefahrt|Seefahrer]] bis ins [[19. Jahrhundert]] die Küstenregion [[Ostafrika]]s. Möglicherweise steht der Begriff in einer Beziehung zum Wort „[[Azania]]“, der bereits bei [[Ptolemäus]] und in der Reisebeschreibung [[Periplus Maris Erythraei]] erwähnt wird.<ref>Tidiane N’Diaye: ”Le génocide voilé. Enquête historique”. Gallimard, Paris 2008, S. 244.</ref>
Im 9. Jahrhundert wurden die Salzsümpfe im unteren [[Zweistromland]] planmäßig erschlossen und mit [[Ostafrikanischer Sklavenhandel|Sklaven aus Ostafrika]] eine [[Plantage]]nwirtschaft aufgebaut, die dem Anbau von Luxusfrüchten für den [[Fernhandel]] dienten und einen wichtigen Teil der Einnahmen der islamischen Metropolen ausmachten: [[Zuckerrohr]], [[Gewürznelke]], [[Baumwolle]], [[Echte Dattelpalme|Datteln]]. Der gewonnene Zucker war zum Beispiel wichtiges Handelsgut mit dem christlichen Europa, das über Jahrhunderte keinen anderen Zucker als den aus den islamischen Ländern kannte.
Im 9. Jahrhundert wurden die Salzsümpfe im unteren [[Zweistromland]] planmäßig erschlossen und mit [[Ostafrikanischer Sklavenhandel|Sklaven aus Ostafrika]] eine [[Plantage]]nwirtschaft aufgebaut, die dem Anbau von Luxusfrüchten für den [[Fernhandel]] dienten und einen wichtigen Teil der Einnahmen der islamischen Metropolen ausmachten: [[Zuckerrohr]], [[Gewürznelke]], [[Baumwolle]], [[Echte Dattelpalme|Datteln]]. Der gewonnene Zucker war zum Beispiel wichtiges Handelsgut mit dem christlichen Europa, das über Jahrhunderte keinen anderen Zucker als den aus den islamischen Ländern kannte.
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Unter der Leitung von [[Ali ibn Muhammad]], einem Araber, der sich als Verwandter [[Mohammed]]s ausgab, Dichter und Lehrer war<ref>Jacques Heers (2007), S. 234 f.</ref> und der sich selbst zum [[Mahdi]] („Messias“) ausgerufen hatte, kam es 869 zum [[Aufstand der Zandsch]], dem zweihundert Jahre vorher schnell niedergeschlagene Revolten in den Jahren 689, 690 und 694 vorausgegangen waren. 871 wurde [[Basra]] von den aufständischen schwarzen Sklaven eingenommen, und es entstand ein unabhängiger Staat der Zandsch mit einer in der Nähe von Basra neu angelegten Hauptstadt ”al-Muchtara”. Muhammad erklärte sich selbst zum [[Aliden]], einem Nachkommen [[ʿAlī ibn Abī Tālib|Alis]], und suchte das Bündnis mit [[Hamdan Qarmat]], dem Begründer der sektiererischen [[Qarmaten]].<ref>Jonathan P. Berkey: ”The Formation of Islam: Religion and Society in the Near East.” Cambridge University Press, Cambridge 2002, S. 141</ref> Am 11. August 883 wurde Ali ibn Muhammad von einem Pfeil tödlich getroffen, und die Zandsch gaben den Kampf auf. Sie wurden, wenn nicht hingerichtet, wegen Tapferkeit in die gegnerische Armee aufgenommen, dabei jedoch wieder versklavt. Ein Ziel war auf jeden Fall erreicht: Die Trockenlegung und Entsalzung der Sümpfe wurden eingestellt und der Zuckerrohranbau eingeschränkt. Andere Zandsch machten jedoch schon zwei Jahre später 885 mit einem Aufstand in [[al-Wasit (Gouvernement)|al-Wasit]] am [[Tigris]] von sich reden. Da sie ohne muslimische Führer sich selbst überlassen blieben, wurden sie schnell aufgerieben und entsprechend grausam bestraft.<ref>Jacques Heers (2007), S. 239 f.</ref>
Unter der Leitung von [[Ali ibn Muhammad]], einem Araber, der sich als Verwandter [[Mohammed]]s ausgab, Dichter und Lehrer war<ref>Jacques Heers (2007), S. 234 f.</ref> und der sich selbst zum [[Mahdi]] („Messias“) ausgerufen hatte, kam es 869 zum [[Aufstand der Zandsch]], dem zweihundert Jahre vorher schnell niedergeschlagene Revolten in den Jahren 689, 690 und 694 vorausgegangen waren. 871 wurde [[Basra]] von den aufständischen schwarzen Sklaven eingenommen, und es entstand ein unabhängiger Staat der Zandsch mit einer in der Nähe von Basra neu angelegten Hauptstadt ”al-Muchtara”. Muhammad erklärte sich selbst zum [[Aliden]], einem Nachkommen [[ʿAlī ibn Abī Tālib|Alis]], und suchte das Bündnis mit [[Hamdan Qarmat]], dem Begründer der sektiererischen [[Qarmaten]].<ref>Jonathan P. Berkey: ”The Formation of Islam: Religion and Society in the Near East.” Cambridge University Press, Cambridge 2002, S. 141</ref> Am 11. August 883 wurde Ali ibn Muhammad von einem Pfeil tödlich getroffen, und die Zandsch gaben den Kampf auf. Sie wurden, wenn nicht hingerichtet, wegen Tapferkeit in die gegnerische Armee aufgenommen, dabei jedoch wieder versklavt. Ein Ziel war auf jeden Fall erreicht: Die Trockenlegung und Entsalzung der Sümpfe wurden eingestellt und der Zuckerrohranbau eingeschränkt. Andere Zandsch machten jedoch schon zwei Jahre später 885 mit einem Aufstand in [[al-Wasit (Gouvernement)|al-Wasit]] am [[Tigris]] von sich reden. Da sie ohne muslimische Führer sich selbst überlassen blieben, wurden sie schnell aufgerieben und entsprechend grausam bestraft.<ref>Jacques Heers (2007), S. 239 f.</ref>
Alle Aufstände hatten auf den Sklavenhandel mit Afrika keine Auswirkungen, und die Schwarzen blieben, wenn auch nicht mehr als „Zandsch“, so unter anderen Bezeichnungen bis ins 20. Jahrhundert ein wichtiges Einfuhrgut in islamische Länder. Englische Schätzungen gehen zum Beispiel davon aus, dass zwischen 1830 und 1873 allein in [[Sansibar]] 600&nbsp;000 Gefangene verkauft und verschifft wurden. Zwischen dem 7. und dem Beginn des 20. Jahrhunderts sollen nach dem amerikanischen Historiker Ralph A. Austen (1979) in etwa 17 Millionen Afrikaner auf den verschiedenen Wegen durch die [[Sahara]], über das [[Rotes Meer|Rote Meer]] und entlang des [[Indischer Ozean|Indischen Ozeans]] in islamische Länder deportiert worden sein.<ref>Tidiane N’Diaye (2008), S. 221.</ref>
Alle Aufstände hatten auf den Sklavenhandel mit Afrika keine Auswirkungen, und die Schwarzen blieben, wenn auch nicht mehr als „Zandsch“, so unter anderen Bezeichnungen bis ins 20. Jahrhundert ein wichtiges Einfuhrgut in islamische Länder. Englische Schätzungen gehen zum Beispiel davon aus, dass zwischen 1830 und 1873 allein in [[Sansibar]] 600&nbsp;000 Gefangene verkauft und verschifft wurden. Zwischen dem 7. und dem Beginn des 20. Jahrhunderts sollen nach dem amerikanischen Historiker Ralph A. Austen (1979) in etwa 17 Millionen Afrikaner auf den verschiedenen Wegen durch die [[Sahara]], über das [[Rotes Meer|Rote Meer]] und entlang des [[Indischer Ozean|Indischen Ozeans]] in islamische Länder deportiert worden sein.<ref>Tidiane N’Diaye (2008), S. 221.</ref>
== Literatur ==
== Literatur ==